Stephan Schillerwein: Intranet-Projekte müssen Antwort auf die Frage „Was ist das Intranet für uns?“ bieten!

Dieser Beitrag entstammt aus der Konferenzbroschüre zum IOM SUMMIT 2013.
Stephan Schillerwein

Stephan Schillerwein

Ergänzend zum Interview mit Oscar Berg und dem Beitrag zum Status-Quo von Social Collaboration- und -Intranet-Projekten haben wir in der Konferenzbroschüre auch noch ein Interview mit Stephan Schillerwein, von Schillerwein.net Consulting veröffentlicht. Stephan Schillerwein ist ebenfalls ein anerkannter Experte auf dem Themenfeld Intranet-Management und unterstützt uns sowohl als Beirat als auch Moderation bei unseren Veranstaltungen zum Intranet-Management in Deutschland und der Schweiz. Im Interview diskutiert er mit uns die aktuellen Trends und Entwicklungen in diesem Themenfeld.


Der IOM SUMMIT steht dieses Jahr unter dem Motto “Social. Collaborative. Innovative”. Liegt das auf die Linie mit den aktuellen Entwicklungen der unternehmensinternen Informations- und Kollaborationslösungen?

Die drei Stichwörter beschreiben ein Set von letztlich generischen Problemen, die quasi jedes Unternehmen derzeit aufweist. Die Art, wie wir Arbeiten ändert sich aktuell sehr stark und dabei stehen solche übergreifend ansetzenden Konzepte natürlich bei vielen Unternehmen im Fokus. Der grösste Mehrwert liegt aber häufig erst jenseits dieser eher allgemeinen Anwendungsszenarien.

Was ist die Kernzielsetzung von Intranets in Unternehmen heute?

Das ist zum Glück endlich individueller geworden. Das Kantinenplan-Intranet – also Intranets die einseitig auf Top-down Kommunikation und Informationsbereitstellung ausgerichtet waren – gehört immer stärker der Vergangenheit an. Was jedes Unternehmen jetzt machen muss, ist eine Antwort auf die Frage „was ist das Intranet für uns?“ zu finden. Und diese Antwort ist weder offensichtlich noch trivial. Dabei gibt es natürlich auch viele Gemeinsamkeiten von Organisation zu Organisation, im Detail sind die Ziele jedoch unterschiedlich.

Ist die Zeit der redaktionellen Intranets vorüber? Werden jetzt alle Intranet-Konzepte sozial?

Eine übermässige Ausrichtung auf redaktionelle Inhalte war letztlich nie der Zweck eines Intranets. Es wurde aber vielfach dazu verbogen, mit all den negativen Auswirkungen, die wir alle nur zu gut kennen. Man könnte also sagen, dass gerade eine Korrektur zurück zum Normalzustand stattfindet. „Social“ muss man dabei etwas differenzierter betrachten, als das häufig der Fall ist. So ist es zunächst ganz klar mal ein Hype, der von Softwareherstellern und Beratern gleichermassen gepushed wird. Gleichzeitig ist es aber natürlich auch ein Bereich, in dem Unternehmen und Systeme tatsächlich enorme Probleme und Potentiale haben. Auch hier muss also wieder die Korrektur zum Normalzustand stattfinden, den in allen anderen Lebensbereichen sind Menschen typischerweise deutlich stärker sozial organisiert, als das in den meisten Unternehmen bislang der Fall ist.
Entscheidend ist beim „Social Intranet“ letztlich aber das gleiche, wie bei allen anderen Ausprägungen eines Intranets auch: nicht Lösungen in den Vordergrund stellen, sondern die individuellen Probleme und Potentiale des eigenen Unternehmens verstehen und dann darauf passende Lösungsansätze zu finden.

Wie sieht das optimale Konzept eines Intranet der Zukunft aus?

Ein Intranet sollte ein „Enabler“ sein, der reale Probleme löst und bislang brachliegende Potentiale hebt. Dabei wird immer deutlicher, dass das Intranet nur ein Baustein von vielen ist. Ein isoliert betrachtetes Intranet-Projekt führt deshalb fast immer zum „Solutioneering“ – also zur Fokussierung auf technische Lösungen anstatt auf das, was das Unternehmen wirklich braucht. Ein Konzept von der Stange kann es somit nicht geben. Gleichzeitig wird es aber immer herausfordernder, die eigene strategische Ausrichtung tatsächlich zu bestimmen, weil das Spektrum schlichtweg alle bestehenden Grenzen überschreitet.

Verändert sich damit auch die Rolle der Intranet-Manager in den Unternehmen?

Ganz erheblich sogar. Der Intranet Manager muss letztlich derjenige sein, der in der Lage ist, alle Punkte zu verbinden. Was bedeutet das? Wenn man das Spektrum eines fortgeschrittenen Intranets anschaut, sind dort so viele verschiedene Themen, Fachgebiete, Unternehmensbereiche etc. abgedeckt, dass niemand mehr Spezialist in all diesen Bereichen sein kann. Auch der Intranet Manager nicht. Aber er oder sie sollte den Gesamtüberblick behalten und das Ganze sinnvoll steuern können. Im Vergleich zum „Verwalter von Informationen“ – und das waren viele Intranet Manager in der Vergangenheit und sind es z.T. immer noch – ist das natürlich ein ganz entscheidender Entwicklungsschritt.

Welche Kompetenzen und “Skillsets” sollten die Intranet-Manager der Zukunft besitzen?

Intranet Management ist mit dem Dirigieren eines Orchesters vergleichbar. Es geht um die Steuerung unterschiedlichster Instrumente, aber auch um die Motivation aller Beteiligten, dem Streben danach, immer besser zu werden etc. Dabei muss der Dirigent nicht jedes Instrument auch selber spielen können, er muss aber wissen, was aus dem Instrument herausgeholt werden kann.
Koordinations- und Kommunikationsstärke sind dabei sicher unerlässlich. Ebenso eiserner Durchhaltewillen, denn wir sind noch lange nicht am Ziel angelegt und es gibt noch viele Herausforderungen zu meistern.

Das Fazit ist also – die Entwicklung geht von einem eher “Top-Down” getriebenen Informationsangebots-Konzept zu einem eher “Bottom-Up” getriebenen Informationsaustausch- und Kollaborations-Konzept. Welche Herausforderungen und Erfolgsfaktoren sehen Sie für einen erfolgreichen Entwicklungspfad bei dieser Konzeptveränderung?

Mit einer Antwort auf die Frage nach dem besten Weg zum Ziel tun sich tatsächlich viele Leute schwer. Intranets waren schon immer „besondere Projekte“. Sie haben sich in den letzten 2-3 Jahren aber nochmals deutlich geändert. Viele bisherige Ansätze funktionieren deshalb immer schlechter. Wenn ein Dienstleister nach dem gleichen Schema vorgeht, wie schon vor 3-5 Jahren, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass ihm die veränderten Rahmenbedingungen nicht bekannt sind. Das führt zwangsläufig zu Problemen im Projekt oder im besten Fall einfach zu sehr ineffizienten Vorgehensweisen. Und das betrifft viele der konzeptionellen Projektschritte, von der Strategie über die Bedürfnisanalyse bis hin zu Systemevaluation. Viele denken jetzt wahrscheinlich an „agile Methoden“, mir scheint das Stichwort „lean“ aber fast noch besser geeignet, diese Veränderungen zu beschreiben. Denn „lean“ bedeutet ja vor allem, nur solche Dinge zu tun, die tatsächlich Mehrwert schaffen. Und das kann man von viele bislang angewendeten Vorgehensweisen nur noch sehr bedingt behaupten.

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Susanne Bach